Das Problem Medienkompetenz: Die Angst der Eltern vor dem Killerspiel

Eltern bleiben - Ein Leben lang

Das Problem Medienkompetenz: Die Angst der Eltern vor dem Killerspiel

31. August 2011 Medien(Kompetenz) 0

Kürzlich war mal wieder Elternabend. Eines der Themen war „Telespiele“. In einer Waldorfschule ist dies fast synonym zu verwenden mit dem Begriff „Killerspiele“.

Mir tun diese Vorträge ja mit schöner Regelmäßigkeit in der Seele weh. Bringen sie doch eine gewisse Verzweiflung zum Ausdruck, welche die meisten Eltern (Wahrscheinlich nicht nur an diesen Schulen) umtreibt. Ihre Kinder wachsen in einer Welt auf, welche soweit vom Erfahrungshorizont der Eltern entfernt ist wie der Pluto vom Merkur. Die Kinder wachsen im sogenannten globalen, digitalen Dorf auf während ihre Eltern froh waren, wenn sie mal aus ihrer Stadt herauskamen. Ihre Kinder können die Wissensarchive der Welt anzapfen, während die Eltern seinerzeit froh sein mussten, im heimischen Lexikon oder der lokalen Bücherhalle den Lebenslauf von Picasso fürs Schulreferat zu finden. Ich will den Begriff des globalen Dorfs nicht verherrlichen, denn letztendlich ist es schwierig in diesem Füllhorn an Informationen ohne Führung wirklich jene Informationen zu finden, welche das eigene Leben bereichern. Letztendlich ist dieses globale Dorf ebenso eine Illusion, wie die Vorstellung einiger Großstädter, dass dreihundert Jahre Landwirtschaft und Inzucht aus einer Dorfgemeinschaft eine liebenswerte Lebensgemeinschaft formen. Aber diese Grenzenlosigkeit beunruhigt Eltern ebenso wie die – für sie meist nicht nachzuvollziehende – Affinität ihrer Kinder zu Computer- oder gar Killerspielen. Jene 3D-Ego-Shooter, welche zu jeder Gelegenheit wo ein junger Mensch ausrastet als Quell der Sünde und direkter Weg zur Hölle stigmatisiert wird.

Die beruhigende Botschaft an all diese ängstlichen Eltern ist: Sie sind mit dieser Angst nicht alleine. Sie haben Leidensgenossen in allen Menschheitsepochen gehabt. Die selbstauferlegte Aufgabe der Eltern scheint es zu sein ihre Kinder für die Gefahren der Welt gerüstet, hinaus zu schicken um ihren eigenen Weg zu gehen. Und das erschreckende in der Natur dieser Sache ist, dass Kinder immer in Umgebungen reinwachsen, die den Eltern zu einem gewissen Maß fremd sind, weil die Welt sich weiter entwickelt. Für die Eltern jeder Generation gab es ein Schreckgespenst, welches weit von ihrem eigenen Erfahrungshorizont entfernt war, und sie in Angst versetzte bei der Erfüllung ihrer selbstgesteckten Aufgabe zu scheitern. In den Fünfzigern war es Rock’n’Roll, Lederjacken und Motorräder. In den Sechzigern markierten Marihuana, psychedelische Drogen und die rückwärts gesprochenen Satansbotschaften, welche man bei Bands wie die Beatles und Led Zeppelin zu finden glaubte, den direkten Weg in Satans Arme. In den späten Siebzigern waren es Punk, Industrial Music Splätterfilme und Heroin… Selbst von Sokrates ist jenes schöne Zitat überliefert: „Die Kinder von heute sind Tyrannen. Sie widersprechen ihren Eltern, kleckern mit dem Essen und ärgern ihre Lehrer.“ Und zu jeder Zeit gab es Gerüchte und wissenschaftliche Berichte in den Medien welche eine ernsthafte Sorge um ihren Nachwuchs recht zu fertigen schienen. Marihuana soll – wie mir meine Mutter glaubhaft versicherte – eine „Einstiegsdroge“ sein, welche die Erbinformation verändert, und der Konsum von Splatterfilmen sollte wenn man namenhaften Psychologen ihrer Zeit Glauben schenken durfte bereits aus unserer Teenagergeneration in den späten Siebzigern abgestumpfte Serienmörder werden lassen, welche die Welt in ein apokalyptisches Endzeitszenario vom Ausmaß eines Hyronimus Bosch-Gemäldes verwandeln sollten. Selbst den ersten Eisenbahnen wussten die Wissenschaftler ihrer Zeit schwere gesundheitsschädigende Wirkungen zu unterstellen, weil der menschliche Körper und Geist ja überhaupt nicht für eine dauerhafte Beschleunigung auf 40 Km/h geeignet sei, und die menschlichen Sinne somit völlig überfordern wären. In unserer Eltern-Generation sind es nun die digitalen Medien, (von sozialen Netzwerken bis zum amokläuferproduzierenden Computerspielen), welche die Angst und Sorge um den Nachwuchs absolut berechtigt erscheinen lassen; aber eigentlich bestätigen diese Szenarien nur den schönen Satz von Timothy Leary: „Die Raupe versteht den Schmetterling nicht.“

Ein Blick in vergangene Generationen lässt diese Ängste doch sehr schnell relativieren: Auch die Steigerung der Höchstegeschwindigkeit von Eisenbahnen auf über 100 KM/h zog keine ernsthaften psychischen Defekte nach sich. Jene „Halbstarken“ der 50er sind heute der Inbegriff der Spießigkeit. Sicherlich kennt mittlerweile auch jeder einen ehemaligen Punkrocker, welcher mit gekommenen Jahren eine Führungsposition in einem High-Tech-Unternehmen übernommen hat. Selbst aus den rebellischen, freie Liebe praktizierenden Alt-68ern, sind zu einem erschreckend großen Anteil heute doch jene spießigen Nachbarn geworden, die man heute im Reihenhaus antrifft, in welchem wir unsere eigenen Kinder groß ziehen. Inzwischen hat sogar schon ein ehemaliger Marihuana-Konsument die Kontrolle über genug Atomwaffen gehabt, um mit einem Schlag nicht nur die Sorgen vor den Konsequenzen übermäßigen Telespielkonsums, sondern gleich die ganze Welt auszulöschen. Und man sollte sich die Frage stellen, ob man die typischen elterlichen Sorgen nicht etwas relativieren sollte, angesichts der Tatsache dass er sich trotz seines Drogenkonsums in den Jugendtagen als sehr Verantwortungsbewusst im Umgang mit dem Schicksal der Welt erwiesen hat. Und auch die meisten anderen der früheren Sorgenkinder haben einen recht ordentlichen Weg gefunden um sich in die Gesellschaft zu integrieren auch wenn sie in Ihrer Jugend vielleicht mal einen fürchterlichen Lucio Fulci-Film gesehen haben, der für ihre Altersstufe nicht freigegeben war.

Um hier gleich dem vielleicht aufkommenden Eindruck entgegen zu wirken, ich wollte hier Drogenkonsum verharmlosen oder gar verherrlichen: Ich bin einer von den langweiligen Menschen die auch ohne Alkohol lustig sind. Zigaretten hielt ich schon in der sechsten Klasse für einen lächerlichen Schnullerersatz. Seit 22 Jahren habe ich (mit kurzen Pausen) keinen Fernseher mehr und weiß um die Wirkung von illegalen Drogen nur aus theoretischen Studien. Ich würde hier also stehenden Fußes eine Petition unterschreiben, welches sämtliche legalen und Illegalen Drogen, das Fernsehen, Computerspiele, Soziale Netzwerke und die aktuelle CDU-Wahlkampfwerbung aus dem öffentlichen Bewusstsein streicht, wenn das irgendeine Aussicht auf Erfolg hätte, Aber ungeachtet der sicherlich ungemein positiven Auswirkung für die Volksgesundheit müssen wir glaube ich damit leben, dass die Mehrheit unserer Mitmenschen nicht ohne den gelegentlichen Konsum von Drogen (ob sie nun Alkohol, Tabak, Fernsehen, Computerspiel oder Shopping heißen) auskommen will. Wir waren nie eine drogenfreie Gesellschaft und wir werden es vermutlich auch nicht so bald werden. Insofern müssen wir wohl einen verträglichen Weg finden damit umzugehen. Und genau darum geht es auch in der Diskussion um Computerspiele, die natürlich auch ein Suchtpotential haben können  Wobei die Gefahr der Sucht bei Computerspielen nach einer Studie der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen bislang etwas überbewertet wurde.

Verschwörungstheoretiker und Ideologen

Damit komme ich zu diesem Elternabend zurück:

Es wurde berichtet von einem Medienseminar. Ich bin immer wieder überrascht und fasziniert wie bereitwillig sich verzweifelte Menschen in die Arme obskurer Heilsbringer begeben. Vor allem angesichts der Tatsache, dass diese Fachmänner eigentlich noch nicht einmal Heil bringen. Im Grunde genommen tun diese Fachleute nichts anderes, als jeder andere Verschwörungstheoretiker. Sie bestätigen den Eltern die Berechtigung ihrer schwer greifbaren Angst vor dem Unbekannten um ihre Anhängerschar um sich zu sammeln. Irgendein Handwerkszeug, wie sie ihren Konflikt mit ihren Kindern einvernehmlich lösen können – ohne die Kinder über kurz oder lang aus dem Haus zu treiben um sich bei Freunden, deren Eltern toleranter oder Gleichgültiger sind, ihre Defizite an der Jugendkultur zu kompensieren – geben sie den Eltern dabei kaum an die Hand.

Von den Besuchern dieser Seminar hört man dann Sätze wie; „Da hat sich jemand mal Gedanken gemacht ‚Wer könnte ein Interesse an Killerspielen haben?'“ und die Antwort ist natürlich immer die gleiche, die man auch hört, wenn man nach einem Amoklauf Politiker-Statements liest: „Es war das böse Militär, welches diese Spiele entwickelt hat um ihren Soldaten Empathie abzutrainieren.“ Ich habe leider noch niemanden gefunden, der mir wirklichen einen 3D-Shooter nennen konnte, der für den Privatmarkt entwickelt wurde und an dessen Entwicklung federführend das Militär beteiligt war. Mit dem Programm ‚America’s Army‘ haben sie zwar das Genre mit 10 Jahren Verspätung zur Rekrutenwerbung entdeckt, aber da es bei diesem Spiel auch darum geht die hohe Quote von kostspieligen Ausbildungsabbrechern zu minimieren, wird hier sehr viel Wert auf Einhalten von Befehlsstrukturen und der Rules of Engagement gelegt und weniger darum den späteren Soldaten schon im Vorfeld die Empathie abzutrainieren. Bei anderen Ego-Shootern deren Geschichte im militärischen Bereich angesiedelt ist treten Armee oder auch einzelne Soldaten ebenso, wie bei den meisten Kriegsfilmen Hollywoods als Berater auf, aber nicht um irgendjemanden die Empathie abzutrainieren. Letztendlich ist das ein symbiotisches Geschäft. Sie stellen Know How zur Verfügung, und können im Gegenzug sicherstellen, dass sie beim Endprodukt nicht den Bösewicht verkörpern. Auch wurde von den Anhängern dieser Theorie noch kein Programm genannt, welches das Militär vielleicht für den Eigenbedarf mit den postulierten Zielen entwickelt hat, und welches dann ungewollt auf den freien Markt gesickert ist, um als Urheber dieser Spiele gelten zu können. Im Gegenteil hat das Militär eine eigene Modifikation des zweiten Teils des im allgemeinen Bewusstsein als Urvater des Ego-Shooters geltende „Doom“ erstellen lassen, allerdings nicht um ihre Soldaten die Empathie weg zu konditionieren sondern um sie in strategischer Teamarbeit zu trainieren. Auch das ebenfalls gern zitierte „Counterstrike“ ist eine Entwicklung der Fan Community des Ego-Shooters Half-Life, an der das Militär ebenfalls so gar nicht beteiligt war. Eine sehr interessante Abhandlung zu dieser Verschwörungstheorie gibt es auf der Seite http://stigma-videospiele.de/wordpress/?p=3690. Die Spieleschmiede ID-Software – die 1993 mit Doom den Ego-Shooter-Boom losgetreten hat – war seinerzeit ein kleine Sharewareschmiede deren Chef-Entwickler John MacCormack 1992 das etwas pubertär anmutende Ziel postulierte „This is going to be the most badass game in the history of the planet Earth.“ Da dieses Spiel ein überwältigender Erfolg war, hat es mehr mit kapitalistischen Wirkmechanismen als mit Verschwörungstheorien zu tun, dass diese Spielform sehr schnell ihren Weg in die Portfolios seriöser Telespielanbieter fand, aber das Schöne an Verschwörungstheorien ist: Sie werden von ihrer ängstlichen Anhängerschaft selten ernsthaft in Frage gestellt, weil sie doch so schön deren Weltbild zurecht rücken und ihren schwer begründbaren Ängste eine Rechtfertigung geben.

So sehr ich auch die Rekrutenwerbung im Kinderzimmer oder Kino moralisch verwerflich finde und so gerne auch ich im Militär den bösen Buhmann sehen möchte der Schuld an der Verrohung unserer Jugend ist, so schwer fällt es mir persönlich irgendeinen stichhaltigen Beweis für diese urbane Legende zu finden, dass Militär wäre Federführend bei der Entwicklung dieses Spielegenres gewesen um ihre Soldaten zu Tötungsmaschinen zu machen. Letztendlich ist vermutlich keine westliche Arme daran interessiert seine Soldaten zu Psychopathen erziehen, denn man hat in Vietnam gelernt, dass es doch ein schlechtes Bild in der Presse  gibt wenn die Soldaten durchs Krisengebiet laufen die reflexartig auf alles schießen was sich bewegt. Und nebenbei bemerkt: Die Tatsache das die Soldaten im Vietnamkrieg insgesamt effektiver auf ihre Gegner geschossen haben, hat nichts mit Empathie-Abtötung durch Simulationsspielchen zu tun, sondern mit den Studien SALVO und ALCLAD welche die Army nach dem zweiten Weltkrieg durchgeführt hat, Ziel war es festzustellen, wodurch die meistens Schussverletzung im zweiten Weltkrieg verursacht wurden. Ergebnis war: Die meisten Schusswaffenverletzungen im zweiten Weltkrieg wurden mit automatischen Waffen erzielt. Erstens ist beim genauen Zielen ist die Tötungshemmung natürlich größer (In der Schlacht von Weißenburg im Elsaß im Krieg 1870/71 benötigten die Franzosen noch durchschnittlich 119 Schuß Munition zum Töten eines Gegners) und zweitens sind die meisten Gefechte im modernen Krieg keine Schlachten wie die von Weißenburg, sondern entstehen aus Überraschungssituationen heraus, und der Mann der mit einer automatischen Waffe einfach drauf halten konnte hatte die größte Chance zu treffen. Aus dieser Erfahrung folgte die Entwicklung des amerikanischen Automatikgewehrs M16, mit welchem die US Army in Vietnam ihre Soldaten ausgestattet hat.

Die Wissenschaft die Wissen schafft

Aber wie in jeder guten Verschwörungstheorie belässt man es natürlich nicht bei solchen Gerüchten: Es gibt ja schließlich wissenschaftliche Fakten.

Ich liebe wissenschaftliche Fakten. Ich habe auch kein Problem anzuerkennen, dass man zwei Wasserstoffatome mit einem Sauerstoffatom zusammentun kann und mit einem Funken und einem lauten Knall ein Wassermolekül erzeugen kann. Wissenschaftlich präzise und reproduzierbar. Nur leider ist die Wissenschaft meist leider alles andere als eindeutig. Gerade die für die meisten Eltern so wichtigen Wissenschaftszweige „Ernährungswissenschaft“ und „Verhaltensforschung“ sind das traumhafte Experimentierfeld eines jeden Chaostheoretikers weil bei einem so komplexen Ding wie der Menschen Psyche und Physis leider nicht immer 1+1=2 ist. Was auf den einen zutrifft muss auf den anderen überhaupt nicht zutreffen, einfach weil gewisse Grundvoraussetzungen abweichen.

Natürlich holt man sich auf diesem Gebiet wissenschaftlichere Hilfe aus der Neurologie, welche inzwischen sogar meint so etwas wie religiöse Bewusstseinserfahrungen auf einen Epilepsieanfall in einem speziellen Hirnzentrum reduzieren zu können. Diese Neurologie kann im Gehirn der regelmäßigen 3D-Shooter-Spieler Veränderungen in Hirnbereichen feststellen, welche für die Empathie zuständig sind. Das Problem in der Neurologie ist aber oft die Interpretation der ermittelten Fakten, und das Erstellen von fundierten Kausalzusammenhängen oder auch Schlussfolgerung für die Langzeitwirkungen wie in Nebensätzen dann auch zugeben wird, und eine recht aktuelle Studie stellt diese Langzeitwirkung sogar in Frage. Aber das muss natürlich nicht davon abhalten, sich von solchen Untersuchungen das Weltbild bestätigen zu lassen.

Ich erinnere mich noch, dass im Jahr 2006 Nachrichten durch die Presse geisterten, wo Neurologen glaubten die Erklärung gefunden zu haben, wieso die Jugendlichen so unglaublich anstrengend, respektlos und die Verkörperung des o.g. Sokrates-Zitates sind. Man hatte festgestellt, dass sich die Synapsen in der Teenagerzeit besonders aktiv neu verschalteten. Offensichtlich war es ein streng wissenschaftlicher Grund weswegen Teenager in der Pubertät so ignorante Peinbeutel waren. Ein Aufatmen ging durch die besorgte Elternschaft, die schon an ihren pädagogischen Fähigkeiten gezweifelt hatte. Es half ihnen zwar nicht um besser mit ihren Kindern besser klar zu kommen, aber wenigstens brauchten sie keine Schuldgefühle mehr zu haben. Die Wissenschaft hatte ja belegt, dass ihre Kinder gar nicht anders konnten als anstrengend und unerziehbar zu sein.

Doch dann kam der Psychologe Robert Epstein im Jahr 2007 auf die Frage, warum hauptsächlich Eltern in wohlhabenden Industrienationen von diesen unerträglichen Teenagerblagen geplagt waren, denn wenn man sich Teenager in Nepal ansah, konnte man feststellen, dass hier offensichtlich kein unwiderrufliches, biologisch prädestiniertes Impertinenz-Programm ablief. Wenn die Neurologen mit ihrer „wissenschaftlichen“ Erklärung des Phänomens Recht hätten würde das keine unterschiedlichen Verhaltensmuster in unterschiedlichen Kulturen zulassen. Zwei Wasserstoff- und ein Sauerstoffatom erzeugen immer ein Wassermolekül, egal ob man die nötige Energie am Himalaya, in der Südsee oder in Castrop-Rauxel hinzufügte. Bei genauerer Überprüfung stellte sich heraus das dieser Umbau im Gehirn Zeit Lebens stattfindet (auch wenn er in der Pubertät vielleicht etwas ausgeprägter ist) und dass er eigentlich keine hinreichende Begründung für das merkwürdige Verhalten von Teenagern ist. Robert Epstein vertritt jedenfalls die Meinung, dass diese Rebellion der Teenager in der westlichen Welt stattfindet, weil Jugendliche in der westlichen Welt besonders lange verantwortungsfrei gehalten werden. Im Tierreich ist es üblicherweise so, dass Kinder kurz nach der Geschlechtsreife ausziehen und für sich alleine verantwortlich sind. In ärmeren Ländern sind Kinder früh angehalten Verantwortung innerhalb der Familie zu übernehmen. In der westlichen Welt werden sie in der Regel noch sechs bis zehn Jahre länger in der verantwortungsfreien Zone gehalten. Intuitiv erscheint mir Epsteins Ansatz plausibler und hat sich bei mir als Handlungsansatz bei pädagogischen Problemen mit meinen Kindern seither stets bewährt. Wie schon geschrieben, gibt es Wissenschaften die wissenschaftlicher sind als andere. Der Wissenschaftler der z. B, Mitte des letzten Jahrhunderts „nachwies“ das zu viel Salz in der Nahrung schlecht für den Kreislauf ist, hat seine Laborratten fast mit Salz vergiftet um seine negative Auswirkung nachweisen zu können, und trotzdem hat sich diese urbane Legende „zu viel Salz ist schädlich für den Kreislauf und verkürzt die Lebenserwartung“ gehalten, auch wenn Langzeitstudien eher das Gegenteil beweisen. Wer weiß, vielleicht wollte in dem o.g. Fall ein Neurologe eine wissenschaftliche Erklärung dafür haben, warum sein Sohn ein unerträglicher Menschen geworden ist, ohne seine eigene Qualität als Pädagoge in Frage stellen zu müssen, Zu mehr taugen diese „harten wissenschaftlichen Fakten“ oft nicht, und verzweifelte Eltern sind dankbar, weil sie sich schicksalsergeben der Natur Schuld geben können und nicht über ihre Erziehung und ihr Verhalten gegenüber ihren Kindern reflektieren müssen.

Deshalb bin ich doch sehr kritisch bei der Frage was diese Analysen über das Ego-Shooter wirklich wert sind. Das Gehirn ist doch flexibler als den meisten Menschen lieb ist, und selbst wenn Verhaltenstests zeigen, dass Menschen die gerade einen 3D-Shooter gespielt oder einen gewalttätigen Film gesehen haben anschließend weniger empathisch auf das Leid anderer reagieren, so lässt sich gleiches von Menschen sagen, die unter Alkohol- und Drogeneinfluss stehen. Wollen wir deshalb jemandem der auf einer Party ein paar Bier getrunken hat unterstellen, sein Empathie-Vermögen habe bleibende Schäden erlitten? Wie will man in solchen Fällen eine Langzeitwirkung nachweisen? Bei allen suchtgefährdenden Stoffen ist schließlich die Regelmäßigkeit und Intensität des Gebrauchs entscheidend bei der Frage, wie bleibend die Veränderungen im Verhalten sind. Und die Frage die sich Eltern vor allem stellen sollten ist inwieweit die Messergebnisse mit Spielern welche exessiv mehrere Stunden jeden Tag spielen auf ihre Kinder anzuwenden sind, bei denen Computerspiele hoffentlich eine Freizeitbeschäftigung neben vielen anderen ist. Ich weiß nicht wie es anderen Eltern geht, aber ich weiß gar nicht, wo meine Kinder so viel Zeit zum Spielen hernehmen sollten um in die Kategorie exzessiver Spieler zu fallen. Mein Sohn hat neben der Schule Hausaufgaben zu erledigen, geht wenigstens einmal die Woche zum Sport, Schlagzeugunterricht, 4 Stunden zur Bandprobe, arbeitet an der Jahresarbeit, bemalt seine Tabletop-Figuren, bastelt an seinem Larp-Charakter, erforscht You Tube nach neuer Musik und ist regelmäßig bei Wind und Wetter für acht Stunden zum Larp-Con im Bergedorfer Gehölz unterwegs um wahlweise als schottischer Clan-Krieger oder als Assassine ins Mittelalter abzutauchen.

Trotzdem wird die Neurologie gerne herangezogen um diffusen Ängsten eine wissenschaftliche Legitimation zu geben egal wie gut die Gründe sind, der bildgebenden Hirnanalyse ohnehin kritisch gegenüber zu stehen.

Der pawlosche Amokläufer

Ein anderes Argument welches man aus den Kritikerreihen hört ist: Killerspiele prägen Verhaltensmuster und Menschen greifen in Stresssituationen reflexartig auf diese Verhaltensmuster zurück.

Das Beispiel ist folgendes: Ein passionierter Killerspielespieler überfällt eine Tankstelle mit vorgehaltener Waffe. Er gerät in Stress und greift auf die durch die Killerspiele induzierten Verhaltensmuster zurück. Sprich: Er erschießt den Kassierer der Tankstelle, ohne sich erklären zu können, wie es dazu kommen konnte.

Diese Beschreibung der Realitätsverschiebung kann Ich aus eigener (wenn auch wesentlich harmloserer) Erfahrung nachvollziehen. Im Jahr 1988 kam das Spiel Ultima V auf den Markt. ein Freund präsentierte es mir 1989 mit den Worten „Danach sollen Spieler in Amerika Realitätsverlust erlitten haben und eingeliefert worden sein.“ Ich war jung und hatte Semesterferien, und abgesehen von meinem 20 Stunden Job im Kino habe ich genug Zeit gehabt um durchgehend 3 Wochen lang nicht anderes zu tun als Ultima V zu spielen. Also habe ich mich voll auf die Welt dieses Rollenspieles eingelassen. Dafür, dass es nicht in meiner mich umgebenden Muttersprache gehalten war sondern in Englisch, war die Auswirkung bemerkenswert. Wenn ich in einen Raum ging und Licht anschaltete verband ich das in meinem Kopf mit dem Begriff „Ignite torch“ der auf dem Bildschirm erschien, wenn man sich in einem dunklen Raum eine Fackel entzündete. Wenn ich nachts müde ins Bett fiel war „rest“ angesagt, und ich glaube, ich verwirrte auch einige Arbeitskollegen, damit, dass ich auf Fragen mit den rudimentären Schlagworten des Spieles antwortete „Yes I Will“. Und ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie weit dieses Spielt noch gegangen wäre, wenn Ultima V die Complexität eines World Of Warcraft gehabt hätte mit authentischer Interaktion im anderen Menschen.

Nichts desto trotz war es eine gute Erfahrung. Zum einen mündete sie in der Erkenntnis, dass solche Spiele doch Zeitverschwendung sind. Letztendlich beschäftigt man sich mit einer Welt, die sich jemand anderes ausgedacht hat, und in der Regel, sind die Entwickler beim Design, der Komplexität und der Realitätsnähe nicht annähernd so kreativ wie der liebe Gott. Auch wenn ich zur Unterhaltung zwischendurch gerne mal ein Spiel anwerfe, nehme ich keine Spiele mehr, die Wochen meiner Zeit in Anspruch nehmen, weil ich mir Gedanken machen muss „Oh Gott, mein (Computer)-Charakter entwickelt sich gar nicht mehr weiter“. Zweitens war es eine interessante Erfahrung sich zwischen zwei Welten zu bewegen und zu erfahren, dass das Gehirn flexibel genug ist, sich der jeweils Vorherrschenden anzupassen, denn es führte zu der Erkenntnis, dass das was wir gerne als Realität in Stein gemeißelt hinnehmen, zu einem großen Teil das Ergebnis unserer Projektion ist. Und zur Beruhigung der Eltern kann ich versichern, dass die diese Realitätsverschiebung von Ultima V komplett reversibel war. Sobald ich mich wieder mit der realen Welt beschäftigt habe, verschwand diese Ultima-Realität aus meinem Kopf und ich denke nicht mehr an das entzünden einer Fackel, wenn ich den Lichtschalter betätige.

Mit diesem Erfahrungshintergrund mag ich dieser Unterstellung „Computerspiele könnten einen exzessiven Spieler dazu führen ungewollt jemanden zu erschießen“ unter sehr bestimmten Rahmenbedingungen folgen, aber auch hier gilt das eben gesagte: Was hilft diese Erkenntnis heutigen Eltern, die sich fragen, ob es legitim ist ihre Kinder mal einen Ego-Shooter spielen zu lassen, wenn diese sehr bestimmten Rahmenbedingungen im Fall ihrer Kinder kaum vorzufinden sind. Und mal ganz ehrlich: Bei einem jungen Menschen, der auf die Idee kommt, sich mit einer Pistole ausgestattet an einer Tankstelle das Taschengeld aufzubessern, um die Gelegenheit zu bekommen durch telespielinduziertes Reflexverhalten den Tankstellenpächter zu erschießen, haben ganz andere Grundmechanismen der Sozialisation und Erziehung versagt. Dafür müssten sich die Eltern wesentlich mehr Vorwürfe machen, als dafür dass sie ihrem Kind gestattet haben Killerspiele zu spielen und damit als letzten Tropfen die randvoll verkorkste Seele zum Überlaufen gebracht haben.

Natürlich ist es die Aufgabe der Eltern, dafür zu sorgen, dass die virtuellen Realitäten nicht überhand nehmen, bzw. dass das Kind in seiner Frühentwicklung eine feste Verankerung in dieser Welt erfahren hat und auch in dieser sein Selbstbewusstsein aufbaut. Aus diesem Grund bin ich auch ein absoluter Gegner von diesem Schwachsinn der frühkindlichen Medienerziehung im Kindergarten, aber es gibt einen gar nicht mal so schmalen Grat zwischen Verwahrlosung (die nicht nur vor dem Computer stattfindet) und dem Überbehüten aus Furcht als Eltern versagt zu haben. Sich zwischen diesen beiden Extremen zu bewegen scheint heute ja ohnehin das größte Problem der Erziehung zu sein, was zahllosen Erziehungsratgebern ihren Lebensunterhalt sichert.

Ich frage mich oft, warum die meisten aktuellen Ratgeber zum Thema neue Medien und Spiele hier noch mehr Verunsicherung streuen, in dem sie vorzugsweise die „Wissenschaftlich fundierten“ negativen Extremwirkungen mit Schreckensszenarien – wie dem pawlowschen Amokläufer0 – runterbeten. Selbst wenn  bei diesen Seminaren auch positive Aspekte beleuchtet werden sollten sind es diese negativen Aspekte, welche den Besuchern dieser Seminare offenbar im Gedächtnis bleiben. Dabei sprechen die Statistiken eine eindeutige Sprache: „Die Zahl der an Computer und Konsole spielenden Kinder und Jugendlichen ist seit den 70-ern rapide gestiegen. Dasselbe gilt für den Realitätsgrad der Darstellung – was in den 80-ern noch indiziert und verboten wurde, lockt heute niemanden mehr hinter dem Ofen hervor. Gleichzeitig ist insbesondere die Jugendgewalt in den USA seit den frühen 90-ern statistisch gesunken. Ein Land wie Japan, mit über 30 Millionen Videogamern, hat die niedrigste Kriminalitätsrate der Welt“.Und selbst Prof. Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, der mit seiner zweifelhaften Fragebogenauswertung die Diskussion um Computersucht so angefacht hat räumt bei „Hart aber Fair“ im ZDF ein, dass die Gewalt an Schulen eigentlich  rückläufig sei. Alles was sich durchaus auch als positive Nebenwirkung in bisherigen Studien gezeigt hat, oder Studien bei denen dieser Kausalzusammenhang zwischen Gewalttätigkeit einer Gesellschaft und die Häufigkeit der Computerspielverwendung in Frage gestellt wird, oder Studien die zeigen, daß es keinen Kausalzusammenhang zwischen agressiven verhalten und Telespielkonsum gibt, oder wie die Britische Studie entwarnung geben „Internet und Computerspiele machen nicht dumm“ und somit Eltern bei einem gelasseneren Umgang mit neuen Medien helfen könnten, werden in solchen Seminaren als Gefälligkeitsforschung für die Spieleindustrie abgetan.

Wenn es in der einen Richtung völlig legitim erscheint finanzielle Interessen hinter jeder positiven Studie zu unterstellen, ist es zu mindestens legitim zu fragen, welche Interessen auf Seiten der Maler von Schreckensszenarien gibt, ihre Forschung in die andere Richtung zu treiben.

Jedem seine Verschwörungstheorie 

Wenn ich mir die Frage stelle wer etwas davon hat die Eltern in dieser Verunsicherung zu halten, werde ich selber schnell zum Verschwörungstheoretiker. Zwar liegt es mir näher an das Gute im Menschen zu glauben, aber der Glaube an das Gute im Menschen bringt für mich leider keine plausibel erscheinende Antwort zum Vorschein, denn dadurch, dass man hauptsächlich die schwer fassbaren Ängste bestätigt, ohne einen Ausweg aus dieser Situation zu weisen hilft man niemanden wirklich. Selbstverständlich bekommen Sie etwas an die Hand um ihren Kindern zu erklären, wie schlimm die von ihnen gemochten Spiele sind. Allerdings würde ich mich als Kind schon fragen, wie sich mein Vater erdreisten kann mir etwas von Empathie zu erzählen, wenn er so wenig vertrauen in seine Wertevermittlung hat, dass er glaubt ich könnte durch eine Runde Computerspiele spielen zum Amokläufer werden. Das netteste Kompliment, welches mein Sohn einmal mit 11 gemacht hat ist „Weißt Du was toll an dir ist? Wenn Du mir etwas verbietest, weiß ich, dass Du Dir Gedanken über mich gemacht hast, und das es wirklich nichts für mich ist.“ dieses Vertrauen erreicht man aber nur, indem man sein Kind mit Empathie wahrnimmt und sich mit ihren Interessen auseinandersetzt. und nicht indem man schlicht Schreckensszenarien über sein Kind stülpt ohne zu hinterfragen ob ihnen dieser Hut passt

Steven Lisberger (der Regisseur der ersten perfekten Symbiose von Telespiel und Film „Tron“) brachte es einmal sehr schön auf den Punkt: „Kapitalismus lebt vom kollektiven Minderwertigkeitskomplex“. Mit selbstbewussten Eltern, die im Einklang mit ihrer Erziehung und ihren Kindern leben lässt sich leider kein Geld verdienen. Warum sollten diese Eltern Ratgeber lesen. Letztendlich lassen sich nur verunsicherte Eltern und Pädagogen dazu bewegen immer wieder neue Bücher zu diesem Thema zu kaufen und entsprechende Seminare zu besuchen, wenn sie merken, dass sie das Problem immer noch nicht geregelt bekommen.

Aus ökonomischen Gründen ist es also viel effektiver ist, einen Ratgeber zu schreiben, der den Eltern ihre Verunsicherung berechtigt erscheinen lässt, ohne ihnen wirklich eine Lösung dieses Problems zu präsentieren, damit sich auch das nächste Buch verkauft.

Letztendlich sind Eltern hervorragende Opfer für diese Verunsicherung, denn zum Zerstreuen des Zweifel der Eltern, ob sie ihren Kindern genügend Kompetenzen auf den Lebensweg mitgegeben haben um sich den Risiken der Welt zu stellen, fehlt ihnen leider ja – gerade im Bereich digitale Medien – meist selber die Kompetenz. Letztendlich ändern solche Seminare auch nichts an dem Defizit. Solche Seminare führen letztendlich dazu, daß sich Eltern nicht mehr auf ihre Intuition verlassen und anstatt ihre Kinder wahrzunehmen sehen sie nur noch durch einen Angstfilter. Und wie bei einem Paranoiden lassen sich für alle Ängste Bestätigungen finden wenn man nur lange genug sucht. Spätestens wenn man sein Kind aus dem Haus getrieben hat, weil es sich zu Hause nicht verstanden fühlt sind der Interpretation Tür und Tor geöffnet.

„Was tun?“ sprach Zeus.

Aber was wäre eine Lösung? Die Kinder einfach spielen lassen? Wohl kaum, denn das Suchtpotential der virtuellen Welten sollte niemand den digitalen Medien absprechen wollen, und letztendlich ist es einfach nur das andere Extrem von Nichtwahrnehmen seiner Kinder. In der einen Variante verbietet man alles, in der anderen erlaubt man alles und in beiden Fällen, weil man seine Kinder nicht wahrnimmt. Wir leben leider nicht in einer anthroposophischen Enklave, wo man diese negativen Einflüsse einfach aus dem Bewusstsein der Menschheit aussperren kann. Deshalb ist die entscheidende Frage: Wie kann man das Thema kanalisieren, das digitale Medien Zeitvertreib und Spiel bleiben und keine Flucht vor der Realität werden. Zum einen kann man sagen, dass die Vermittlung eines in der realen Welt gültigen Wertekanons auch beim Überleben in der Digitalen Welt helfen kann. Wenn ich in der wahren Welt lerne, dass ich Verantwortungen haben, die ich zu erfüllen habe, und wenn ich der wahren Welt eine Möglichkeit habe mit mein Selbstbewusstsein aufzubauen, dann werde ich mit weniger Gefahr laufen mich in einer Parallelwelt zu verlieren, um mir dort mein Selbstbewusstsein aufzubauen. Wenn ich in der wahren Welt lerne, dass ich keinem Wildfremden meine Konto- oder Telefonnummer gebe und nicht gleich alleine mit ihm in einen dunklen Wald gehe, dann hilft das auch für ein Überleben in der Welt des Internets. Dafür brauche ich keine Schreckensszenarien von Kindern, die im Internet private Daten preisgegeben haben, und ausschließend auf dem Heimweg von Pädophilen überfallen wurden, denn Kinder werden auch in der realen Weg von Pädophilen überfallen. Selbstverständlich ist eine gewisse Vorsicht in der Welt draußen angebracht, aber ob man seinen Kindern die Welt deshalb aus Angst aufbauen sollte halte ich in der digitalen wie auch in der analogen Welt für äußerst fraglich. Man sollte schließlich nicht die Macht der selbsterfüllenden Prophezeiung unterschätzen. In beiden Welten ist das der Balanceakt den Eltern bewerkstelligen müssen, Kinder zur Vor(aus)sicht zu erziehen, ohne sie mit Ängsten zu überschütten und sich der Welt und ihren Möglichkeiten zu verschließen.

Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Kindern und ihrer Interessenwelt, wäre hier ein Anfang. Legen sie sich spaßeshalber mal einen Facebook-Account zu und verschicken sie eine Freundschaftsanfrage. Chatten Sie mal über MSN. Führen sie ein Telefongespräch via Skype. Nebenbei bemerkt war für meinen Vater und meine Stiefmutter eine unheimlich Erleichterung ihre Tochter nach New York gehen zu lassen, dass sie mit den neuen Medien problemloser in der Lage waren mit ihr in Kontakt zu bleiben und zwar ohne das Gefühl zu erwecken sie würden sie kontrollieren, weil sie alle zwei Tage anrufen. Regelmäßig bei Facebook die Statusupdates checken, kann da eine sehr beruhigende Wirkung haben.

Und inzwischen bietet sogar die Bundeszentrale für Politische Bildung auch Eltern-Lan-Partys an, bei der neugierige Eltern einfach mal versuchen können sich auf die Welt ihrer Kinder einzulassen. Denn natürlich ist es für interessierte Eltern schwer hier einen Einstieg zu finden. Eine normale LAN-Party wäre hierfür glaube ich eine zu  frustrierende Erfahrung, Denn diese werden meist von jungen Erwachsenen bevölkert, deren Reflexe geeignet erscheinen um einen Sternen-Kreuzer noch bei Lichtgeschwindigkeit an einer Supernova vorbei zu manövrieren. Da wird ein Online Spiel schnell zum Dauer-Respawn (Wiederbeleben). Bei der Eltern-Lan gibt es die Möglichkeit im ungeübten Kreis Counterstrike oder Trackmania zu spielen. Das ist eine wunderbare Gelegenheit, vielleicht die Faszination der Kinder nachzuvollziehen, und zwar nicht unter der Prämisse wie moralisch verwerflich das alles doch ist. Selbst wenn Sie dabei feststellen sollten, dass Ihnen das alles zu Primitiv ist. können Sie ihren Kindern dann immerhin aus eigener Erfahrung berichten, warum sie diese Spiele nicht mögen und müssen sich dabei nicht auf die Meinung Dritter verlassen. Sollten Sie einen funken Spaß daran finden, werden Sie im nächsten Schritt vielleicht feststellen, dass es auch Spaß macht, mal eine Runde mit seinen Kindern zu zocken auch wenn es möglicherweise Ihre digitale Autorität noch mehr untergräbt, weil ihre Kindern ihnen vermutlich haushoch überlegen sind. Und es gibt bei den meisten Spielen auch einen Koop-Modus, bei dem Sie gemeinsam ums virtuelle Überleben kämpfen können, was auch noch viel mehr Spaß macht. Selbst wenn sie das alles nicht mögen: Sie werdem bei solchen Veranstaltungen sicherlich feststellen, das zu mindestens einige Erwachsene gibt die ebenso wie ihre Kinder Spaß dabei haben, hilft ihnen das vielleicht, die Zweifel an der Medienkompetenz ihrer Kinder zu überwinden. Niemnd zwingt sie die Meinung der Kinder in Bezug auf den Unterhaltungswert teilen zu müssen, aber wenn man sich die ausführliche Begründung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) zur Entscheidung über den (letztendlich abgelehnten) Indizierungsantrag für den Ego.Shooter Counterstrike durchliest, ist es genau das worüber sich jugendliche Spieler beklagen. Dieses Absprechen von Medienkompetenz, und das sie sich verunglimpft und mit potenziellen Massenmördern gleichgesetzt fühlen obwohl doch gerade Eltern, die das Absterben der Empathie durch solche Spiele beklagen, in der Lage sein sollten wahrzunehmen, ob bei ihren Kindern Spielspaß und Aggressionsabbau im Vordergrund stehen, oder Realitätsflucht oder die Vorbereitung zur Amokläuferausbildung. Das ist die wahre Herausforderung für die Eltern von heute und das wird der zuverlässigste Weg sein, ihren Kindern als Wegweiser zu dienen, durch die analoge wie durch die digitale Welt. Wie es in der o. g. Studie über Computersucht so schön zusammengefasst ist: „Das Ziel müsse sein, Spieler zu einem selbstbestimmten Umgang mit digitalen Spielen zu befähigen“ Dazu müsste Eltern beigebracht werden, den Spielkonsum ihrer Kinder „besser einschätzen und begleiten zu können“. Vor allem aber müssten Kompetenzen trainiert werden, „um die den Computerspielen innewohnenden Zeitrhythmen mit Anforderungen aus anderen Bereichen des eigenen Lebens abgleichen zu können“.

Guttenberg-Noten:

www.siegerlandbahn.de: Beginn des Eisenbahnzeitalters in Deutschland <http://www.siegerlandbahn.de/beginn-des-eisenbahnzeitalters-in-deutschland/>
Deutschland radio Kultur: Dampfbetrieb zwischen Nürnberg und Fürth <http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kalenderblatt/1335128/>
Süddeutsche Zeitung: Kiffergeständnisse von politiker (Clinton und Obama) <http://www.sueddeutsche.de/politik/bildstrecke-kiffer-gestaendnisse-von-politikern-1.746967>
Spiegel Online: Forscher finden kaum Computerspielsüchtige <http://www.spiegel.de/netzwelt/games/0,1518,745907,00.html>
Telepolis: Virtueller Krieg <http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33496/1.html>
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Prof. Dr. Michael Wagner: Zum Mythos der Tötungshemmung <http://gamestudies.typepad.com/game_studies/2009/03/zum-mythos-der-t%C3%B6tungshemmung.html>
Heise Online: Übersichtsstudie zeigt Schwächen der Untersuchungen zur Wirkung von Computerspielen auf <http://www.heise.de/newsticker/meldung/uebersichtsstudie-zeigt-Schwaechen-der-Untersuchungen-zur-Wirkung-von-Computerspielen-auf-207835.html>
Bundeszentrale für politische Bildung: Eltern-Lan <http://www.bpb.de/veranstaltungen/5OSRWT>
Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien: Entscheidung zum Indizierungsantrag von Counterstrike <http://www.spieleratgeber-nrw.de/?cmd=download&hash=a24584173ab1709ba9273401ed063281>

 

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