Sexismus. Immer dieser Sexismus

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Sexismus. Immer dieser Sexismus

3. Februar 2013 Er-/Beziehung 0

Es ist schon faszinierend. Der Stern verheizt eine kleine nicht sehr selbstbewusst wirkende „Journalistin“ um eine Schmutzgeschichte gegen die FDP und ihren neuen Spitzenkandidaten Rainer Brüderle zu fahren und plötzlich redet alle Welt über Sexismus.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Rainer Brüderle als die Hoffnung von Irgendwas zu bezeichnen kann kaum ohne eine gehörige Portion Ironie geschehen und wenn man auf die FDP unbedingt noch einprügeln will um sie noch ein paar zehntel Prozent weiter von der Fünf-Prozent-Hürde zu entfernen gibt es genug politische Gründe auf deren Basis man dies erreichen kann. Eine Schmutzkampagne die einen sehr interpretationsfähigen Vorgang benutzt um diese junge Frau zum Opfer und einen alten Mann zum Sexisten zu stilisieren hat ein souveräner Journalist kaum nötig.

Was an dieser Kampagne besonders verwerflich ist, ist das der Begriff Sexismus plötzlich inflationär gebracht wird, mit dem Ergebnis, dass in spätestens zwei Wochen niemand mehr dieses Wort hören kann. Wenn ich mich als Verschwörungstheoretiker in Stellung bringen wollte, würde ich vermuten, dass diese aufgebauschte Sexismus-Debatte von den sexistischen alten Herren initiiert wurde, um vom eigentlichen Thema abzulenken. In zwei Wochen kann man dieses Thema aufgrund der Belanglosigkeit des Aufhängers und aufgrund der selbst stilisierten Opfer, die leider zu Hauf mit ähnlichen Belanglosigkeiten ins Scheinwerferlicht kriechen, selbst als gleichberechtigten Mann nicht mehr hören. All jene die ein berechtigtes Anliegen haben, sind von jenen Rampensäuen, die sich ihre Portion Mitleid abholen wollen, weil ihnen ein Arbeitskollege ihnen auf den wohl präsentierten Arsch geschaut hat, in den Schatten gedrängt worden.Denn die meisten #Aufschreie die ich gelesen habe, haben nichts mit Erniedrigung aufgrund des geschlechtes zu tun. Auch Männern passiert es hin und wieder, dass sie von ihren Chefs wie Idioten behandelt werden. Auch Männer, die an einer alkoholisierten Frauenclique vorbeigehen durfen sich mal sehr danebene Sprüche anhören. Das hat nichts mit Sexismus zu tun, sondern mit schlechter Kinderstube, unterschiedlicher Sozialisation und gelegentlich mit obskurem Balzverhalten (beim dem ich mir, weil ich einen unterschied zwischen mißerfolgsrestenz und Lernunfähigkeit sehe, denke, dass es bei einer anderen Frau durchaus zielführend sein kann). Auch ein Spruch wie „die ist ja chronisch unterfickt“ hat auch nichts mit sexueller Erniedrigung zu tun. Es ist vielleicht nicht die freundlichste Art und Weise, jemanden darauf hinzuweisen, dass er sich gerade ziemlich borniert verhält oder den Eindruck erweckt, er würde seinen eigenen Frust auf den anderen Abladen. Männer werden da eher gefragt ob sie einen Samenstau haben, oder wenn ich einen Busfahrer treffe, der meint seine 2 Gramm Macht ausnutzen zu müssen um seinen Frust an seinen Fahrgästen auslassen zu müssen, dann frage ich ihn auch mal ob er heute nicht ficken durfte. nicht um ihn aufgrund seines Geschlechtes herab zu würdigen, sondern um ihn darauf hinzuweisen, dass er sich wie ein Arschloch benimmt und so tut als wäre es okay, wenn alle unter seiner schlechten Laune leiden müssen.

Klar haben Männer und Frauen unterschiedliche Arten mit dem anderen umzugehen. Vielleicht sollte sich Frauen öfter man das Stück Caveman ansehen um im Umgang mit ihren Kollegen und den Männern auf der Straße etwas mehr Sourveränität zu gewinnen. Im den Stück Caveman wird diese Unterschiedlichkeit an einer sehr schön verdeutlich. Indem beschrieben wird, wie Frauen sich treffen und wie Männer sich treffen.

Frauen: Oh hallo, mann du siehst ja gut aus. Und du hast dir die schicke Jeans gekauft, die dir so einen Knackigen Po macht. Wow, Klasse.

Wenn Männer sich so treffen würden, sind sie entweder Klischeehomosexuell, oder der angesprochene wird mit dem Sprechenden umgehend den Kontakt abbrechen.

Männer: Mensch Kalle. Lange nicht gesehen. man du siehst ja immer noch so scheiße aus.

Wenn Frauen sich so begegnen würden. sind sie entweder Kampflesben oder die angesprochene wird mit der Sprechenden umgehend den Kontakt abbrechen.

Zugegeben das sind extreme, und ich habe bislang noch nicht wirklich so einen Freund angesprochen, aber sie verdeutlichen den Punkt der diese  Sexismus-Debatte so anstrengend und überflüssig macht.

Ich hatte eigentlich gehofft, dass sich die gerade abspielende Debatte im neuen Jahrtausend durch Mario Barth, Cavemann und gefühlte Zehn Millionen Ratgeben vom Tenor „Männer können einparken Frauen besser Küssen“ eigentlich erledigt hätte.

Denn eigentlich ist diese Debatte keine über Erniedrigung, sondern eine des Geschmacks, denn auch wenn einige Männer den Geschmack der Frauen in dieser Hinsicht teilen und das Gejammer mit den Worten verteidigen: So muß sich kein Mann verhalten ist doch die große Frage: Wie sollen wir damit umgehen, dass einige Männer wie Hermine Granger es in „Herry Potter und der Orden des Phönix“ so schon ausdrückte die emotionale Bandbreite eines Teelöffels haben. Alle ins feministische Umerziehungslager schicken? Wenn wir uns jedes Wort dreimal überlegen müssten was wir sagen, bloß um sicherzugehen, dass kein empfindsames Stern-Reprterinnen-Seelchen in der nähe ist, um uns Sexismus zu unterstellen würden wir uns Vermutlich irgendwann so fühlen, wie sich Archie Leach aus „Ein Fisch namens Wanda“ als Engländer fühlt:

„Do you have any idea what it’s like being English? Being so correct all the time, being so stifled by this dread of, of doing the wrong thing, of saying to someone „Are you married?“ and hearing „My wife left me this morning,“ or saying, uh, „Do you have children?“ and being told they all burned to death on Wednesday. You see, Wanda, we’ll all terrified of embarrassment. That’s why we’re so… dead. Most of my friends are dead, you know, we have these piles of corpses to dinner.“

Letztendlich ist dies ist keine Debatte um Gleichberechtigung (was auch eine Akzeptanz für die Andersartigkeit des anderen Geschlechtes voraussetzt, beziehungsweise die Fähigkeit mit dieser umzugehen), sondern es ist eine Debatte, die so tut, als wäre das eine Geschlecht das bessere und das andere solle sich dem doch bitte anpassen, damit es das bessere Geschlecht nicht so schwer hat. Damit ist es eine hochgradig sexistische Debatte.

Dagegen wehren sich die meisten Männer. Und es wäre schön, wenn die vermeintlichen Feministinnen einsehen würde, dass sich niemand (zu mindestens niemand den man ernst nehmen muss) dagegen wehrt, dass Frauen die gleichen Chancen am Arbeitsmarkt bekommen und schon gar nicht dagegen, das Vergewaltigungsopfer von der Justiz ein zweites Mal zum Opfer gemacht werden.

Sexismus die zweite

Überhaupt ist dies die andere Methode das Wort Sexismus im allgemeinen Bewusstsein zu entwerten. Jene, die bei einer Diskussion in der es geschlechtsbedingte Benachteiligung oder Erniedrigung geht, plötzlich mit Vergewaltigungsgeschichten, weil sie mit 4 Jahren von ihrem Vater oder vor zwanzig Jahren als 17 Jährige missbraucht wurden, liegen hier Meilen weit daneben, wenn sie meinen dass dies teil der Benachteiligungsdebatte ist. Natürlich würde ich mir auch wünschen das jeder Vergewaltiger Dingfest gemacht wird, und ich vermute der grandiosen Mehrheit der Männer geht es ebenso, denn sie haben auch Töchter und Mütter und Partnerinnen, denen dieses Schicksal erspart bleiben soll. Das ändert aber nichts daran, dass wir in einem Rechtsstaat leben, in dem die Schuld für eine Verurteilung zweifelsfrei bewiesen sein muss und dass ist aufgrund der Art des Verbrechens leider manchmal weniger leicht als bei einem Handtaschenraub. Aber gerade der umstrittenste Vergewaltigungsprozess der jüngeren Geschichte zeigt doch sehr deutlich, dass sich hier gesellschaftlich Einiges geändert hat. Das „Opfer“ hatte vorher sogar regelmäßig mit „Täter“ einvernehmlichen Sex und trotzdem ist Herrn Kachelmann mit einer Strenge verhaftet und in Untersuchungshaft gesteckt worden, als wäre er jemand der Regelmäßig im Parkhaus wildfremde Frauen überfällt und missbraucht. Und die Bloßstellung des Opfers? Ich weiß bis heute nicht wie die Frau aussieht und wie sieht heißt. Offensichtlich hat sich da ein großer gesellschaftlicher Konsens entwickelt, dass ein Vergewaltigungsopfer nicht zum zweiten Mal zum Opfer gemacht werden soll. Solange das gewährleistet ist und Frauen nicht mehr befürchten müssen aufgrund von sexuellen Vorurteilen ein zweites Mal zum Opfer gemacht zu werden ist diese Diskussion an dieser Stelle unangebracht. Sollte es Vorfälle geben, die darauf hindeuten, dass der Fall Kachelmann eine Ausnahme war und alte Klischees immer noch Realität sind, dann kann dies gerne wieder in die Diskussion gebracht werden, aber wenn hier Geschichten ins Feld geführt werden, die von der gesellschaftlichen Entwicklung bereits überholt wurden, dann muss sich niemand wundern, dass Männer und sicherlich auch einige Frauen mit Unverständnis und Blockadehaltung reagieren. Frei nach dem Motto „Kannst ja machen was du willst. Den Feministinnen kannst du es ohnehin nicht recht machen“. DAS schadet der Debatte um die Frage, in welchen gesellschaftlichen Bereichen Männer oder Frauen immer noch benachteiligt werden, weil jene die mit aktuellen Problemen kämpfen mit denen, die den bereits vollzogenen gesellschaftlichen Wandel nicht wahr haben wollen, in einen Topf geworfen werden. Deshalb gehen jene, die es eigentlich nötig hätten gehört zu werden, im allgemeinen Grundrauschen der ewig Unzufriedenen unter.

Es ist inzwischen gesellschaftlicher Konsens, das Vergewaltigung ein Verbrechen ist und ich glaube nicht (zu mindesten habe ich in den Onlinediskussionen wenig davon mitbekommen), dass jene Männer, die sich gegen diese Art der Sexismus-Debatte wehren, bestreiten würden, das ein gemeinsamer Drink keine Vergewaltigung rechtfertigt. So schlimm die Erfahrungen dieser Frauen auch waren, ist dies kein Thema was etwas in der Sexismus-Debatte zu suchen hat.

Fazit

Im großen und Ganzen hilft die aktuelle Debatte nur zwei Gruppen:

1.) Den Sexisten, welche so weitermachen wollen wie bisher und deshalb gar nicht an einer differenzierten Aufarbeitung des Themas interessiert sind.

2.) Den Berufsopfern, die sich lieber in der Bequemlichkeit ihres Opferdaseins ausruhen wollen, denn natürlich ist es einfach sich einzureden, „Mein Chef will mich nicht befördern, weil er mich auf meinen Arsch reduziert“, als sich zu fragen „Was könnte ich anders machen um voranzukommen.“

Bei Männern kennt man letzteren Typ aus jenem Bereich, wo Männer immer noch das massiv benachteiligte Geschlecht sind: Bei Streifällen im Sorge oder Unterhaltsrecht.

„Jugendamt, Familiengericht und Verfahrenspfleger sind schuld, dass ich meine Kinder nicht mehr sehe.“ hört man auf dieser Seite der Geschlechterfront gerne. Natürlich ist das einfacher, als sich zu fragen, wie ich mit diesen Institutionen anders umgehen kann und ob mir die Karriere wichtiger ist, um mich von meine Ex-Frau nicht entsorgen zu lassen. Wenn ich für meine Kinder da sein will gibt es heutzutage meistens einen Weg. Und gerade für die Fälle, wo es diesen nicht gibt, weil Frau oder Vorgesetzte die Institutionen für ihre Erniedrigung zu instrumentalisieren verstehen ist es wichtig, dass man die öffentliche Jammerlatte etwas höher legt. Damit man jene deren Leid Teil der Sexismus Debatte sein sollte noch gehört werden können. Und dass sind nicht jene, die meinen Sexismus zu schreien, weil ein Mann sie als „Geile Schnitte“ bezeichnet hat oder irgend eine Kampfglucke einem Mann die Erziehungsberechtigung abgesprochen hat.

Erniedrigung findet auch immer ein wenig da statt wo man sie zulässt. Manchmal sollten sie sich für einige Anfeindungen vielleicht einfach ein dickeres Fell zu legen, denn oft hat das nichts mit Sexismus sondern mit Gleichberechtigung, wenn man an Frauen die gleiche Erwartungshaltung hat wie bei Männern. Auch Männer müsse sich da einiges auf dem Weg zum Aufsichtsratsposten anhören und nicht jeder der da hin will schafft das auch.

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